Sonntag, 05.09. - Kyoto
Schlecht geschlafen habe ich nicht. Aber gut auch schon länger nicht mehr. Diese Hostelbetten und vor allem die 5-7 Personen in meinem Schlafraum machen mir das schlafen doch nicht immer leicht. Entgegen meiner Ankündigung heute nach Osaka zu fahren, blieb ich in Kyoto und schaute mir die Stadt an. Zuerst habe ich mich aber morgens mit den anderen an Tisch gesetzt und allen noch eine gute Reise gewünscht, denn bis auf die 4 Briten und den anderen komischen Mann in meinem Raum, sind alle mit denen ich hier Kontakt hatte heute abgereist - Richtung Berge, Richtung Nikko oder Richtung Tokio. Da es in Kyoto soviel zu sehen gibt, dass es locker für 3 Tage reichen würde, musste ich mich auf die wichtigsten konzentrieren. Die erste Wahl fiel auf den Tofukuji Tempel. Also rein in die U-Bahn und 3 Stationen später hab ich es fast geschafft, jetzt noch den Berg hoch und dann bin ich da. Dieser ist einer 5 großen Zen-Tempel aus dem 13 Jh. Naja, das wird jetzt keinem viel sagen (mir auch nicht) aber so steht es nunmal im Reiseführer. Einmal rumgehen, Fotos machen und dann gehts schon weiter, denn in ca. 10 Minuten Fussmarsch Entfernung liegt bereits mein nächstes Ziel. Heute habe ich das Gefühl das es noch heißer ist als sowieso schon, die Anzeige zeigt hier 39° an. Das ist der absolute Horror für einen Mitteleuropäer, der das nicht gewöhnt ist. Weiter also nach Fushimi Inari Taisha, während mich die 12 Uhr Mittagssonne einmal schön knusprig brät. Auf diesen Punkt meiner Reise habe ich mich besonders gefreut, denn hier bilden ca. 10.000 rote Torii Tore einen ca. 4 km langen Tunnel bis zum Hauptschrein.
Da diese Tore aber irgendwann etwas niedriger werden und ich leicht gebückt gehen müsste (dieser Weg ist wohl nicht für Leute über 1,90 gedacht), werde ich wohl nicht die ganzen 4km gehen. So begnüge ich mich mit einem Teil der Strecke und während ich in der Nähe kurze Rast mache, plane ich schon mein nächstes Ziel - Nijojo Castle mitten in Kyoto. Also wieder ab in die Bahn und Nijo Station aussteigen. Von hier aus sind es knapp 1,5 km bis zur Burg, die ich natürlich wieder zu Fuß zurücklegen muss. Die Burg ist echt imposant, allerdings kein Vergleich mit Burgen bei uns. Die Innenbesichtung ist ehrlich gesagt etwas langweilig, denn hier gibt es nur leere Räume, die mit Tatami-Matten ausgelegt sind. Die Wandmalereien sind ganz nett, aber die sehen alle gleich aus - immer sind Bäume verewigt. Kein Bett, kein Stuhl, kein Garnichts. Ab und zu sitzt eine Shogun-Puppe mit seinen Anhängern in einem Raum - immerhin etwas um sich einen Eindruck von damals zu machen. Der Hofgarten ist aber sehr schön und so schlendere ich verschwitzt durch den Garten und versuche jeden schattigen Platz für einen kurze Pause zu nutzen. Da ich mich jetzt schon fühle, als wenn ich mich mit Klamotten in einer Dampfsauna befinde, entscheide ich mich zuerst zurück ins Hostel zu gehen um mich nocheinmal frisch zu machen und eine kurze Pause einzulegen. Duschen, umziehen, eine Folge lang mit Tim, Karl, Klösschen und Gabi auf Verbrecherjagt gehen und dann geht es auch weiter. Als nächstes steht der Kyoto Imperial Palace auf dem Plan. Dies war der Hauptsitz des Kaisers, als Kyoto noch die Hauptstadt von Japan war. Leider muss man für eine Besichtigung sich vorher die Erlaubnis und Einladung des Kaiserlichen Haushaltsbüro einholen. Da dies kurzfristig nicht möglich, verzichte ich darauf. Inzwischen ist es ca. 15:00 Uhr, als ich wieder losgehe. Mit der U-Bahn in die Nähe des Parks und den Rest zu Fuß. Jetzt sind die Temperaturen zwar immer noch sehr hoch, aber es haben sich ein paar Wolken vor die Sonne geschoben, so dass diese nicht wie gewohnt den Boden und vor allem mich erhitzen kann. Der Emperial Park ist sehr weitläufig, riesige Straßen aus Kies liegen zwischen schön angelegten Grünflächen, die die Kyotoer Bevölkerung für Sport, Spiel oder nur zum ausruhen nutzt. Vom Palace kann ich leider nur wenig sehen, die Mauern sind zu hoch, also muss ein Blick auf genau diese ausreichen.
Wo ich schon einmal auf dem Weg bin und da es aktuell recht angenehm ist zu gehen, entschied ich mich noch zum Kinkakuji Tempel zu gehen. Entfernung: ca. 3km, grob geschätzt, vielleicht auch etwas mehr. Aber da dort sowieso keine Bahnstation in der Nähe ist, und ich ansonsten ein riesigen Umweg mit der Bahn nehmen müsste um dann anschließend trotzdem noch 1 km zu laufen, gehe ich den ganzen Weg quer durch Kyoto. Ich komme in Viertel, in denen die Menschen nicht zwingend mit Touris rechnen, und so werde ich als 1,93m weißer Europäer doch von dem ein oder anderen Einheimischen fragend angschaut. So lerne ich auch mal die Wohnviertel kennen. Da ich meine Uhr wohl im Duschraum vergessen habe, bin ich aktuell etwas zeitlos unterwegs, da es aber noch hell ist, kann es nicht so spät sein. Am Kinkakuji Tempel angekommen stehe ich vor verschlossenen Toren. Ok, es ist Sonntag, aber hier hat doch alles auf: Supermärkte, Handy-Läden, Frisöre, Fressbuden, Casinos - enfach alles! Aber vielleicht bin ich heute schon zu spät. Was ich verpasst habe ist ein goldener Tempel, der in den 1950er Jahren komplett abgebrannt und wieder aufgebaut und vergoldet wurde. Schade, den hätte ich gerne gesehen. Frustriert, zeitlos und hungrig fällt mein Blick auf einen Automaten der "Cup Noodle" verkauft. Also rein mit dem Geld und raus mit den Instant Curry Nudeln. Diese wurden dann genüsslich vor den verschlossenen Toren ganz klassisch mit Stäbchen gegessen und die Soße anschließend getrunken (natürlich nicht ohne mich zu bekleckern). Da es langsam dämmert gehe ich zurück. 1 km zu Fuß bis zur JR-Station, 2 Station weiter Wechsel auf die städtische U-Bahn bis zur Sanjo-Keihan Station. Diese liegt am Ufer des Kamo-Gawa-Rivers, der Kyoto in Ost und West teilt. Das Ufer ist ein beliebter Platz um den Abend gemütlich ausklingen zu lassen. Mit einem schönen eiskalten Bier aus dem nächsten Supermarkt setze ich mich ans Ufer und höre das Rauschen des leicht ausgetrockneten Flusses und anschließend schaue ich einem japanischen "Künstler" zu wie er zu Techno-Musik ein Bild malt.
Danach geht es über eine Haupteinkaufsstraße, wo abends auch viele Geishas rumlaufen sollen. Die Uhr an einem hohen Gebäude verrät mir, dass wir inzwischen halb 9 haben. Also gehe ich langsam über diese Strasse zurück, allerdings ohne eine Geisha zu sehen. Noch ein kurzer Stop in meinen 7Eleven um Salat und Supermarkt-Sushi (frisches vom morgen) zu kaufen, denn viel Hunger habe ich nicht mehr. Jetzt muss nur noch überlegt werden, was ich morgen mache, oder besser gesagt wo ich morgen übernachte. Für morgen habe ich mal wieder kein Hostel gebucht, also heißt es wieder Tipps holen oder einfach drauf los - notfalls versuche ich eine weiter Nacht hier zu bleiben. Dies entscheidet sich aber noch...